tcham seon

(Fortsetzung)

Grundsätzlich braucht man keinen besonderen Ort, um sich selbst zu finden. Geistige Ruhe erreicht man durch Konzentration, und diese wird nicht durch die Lokalität bedingt(man kann selbst auf einer belebten Straße meditieren). Natürlich ist es einfacher und angenehmer zu meditieren, wenn auch die Umgebung schöner, einladender ist, aber notwendige Voraussetzung ist das nicht. Die Klostermethode ist im europäischen Kulturkreis schwer praktizierbar. Sie macht die Menschen zu sehr zeit- und raumabhängig und das zu einer Zeit, in der der Mensch immer flexibler ist(oder es beruflich sein muß). Enormen Vorteil bringt daher eine Meditationsmethode, die man egal wann und egal wo praktizieren kann. Einfach dann, wenn es geht und man Lust hat. Dies ist besonders wichtig, da ich meine, daß man "durstigen Menschen sofort zu trinken geben sollte".  Und genau dies ist meines Erachtens nach eine dem europäischen Zivilisationskreis, Zeitgeist und Menschenschlag angemessene und notwendige Meditationsmethode.
Damit will ich nicht sagen, daß die anderen Meditationsarten nichts taugen oder falsch sind. Überhaupt, wer will sich anmaßen und behaupten, daß er allein den "einzig richtigen Weg, die einzig richtige Methode, die Wahrheit kennt". Ein banales Beispiel soll dies verdeutlichen: Sagen wir mal, daß Koreaner gerne rohe Eier essen, Chinesen Spiegeleier lieben, Japaner weichgekochte und Deutsche hartgekochte Eier bevorzugen. Wer will hier beurteilen, wer mit dem Rohstoff Eier richtig umgeht? Wer kann hier kritisieren und sagen, daß hier jemand die Eier grundsätzlich falsch ißt? Ebensowenig kann man ein pauschales Urteil fällen, wenn es um Meditationsmethoden geht. Letzten Endes muß jeder selbst entscheiden, was ihm am besten zusagt. Dann sollte man aber das Erwählte nicht als einzig Mögliche und Wahre hinstellen. Solch ein Beharren auf dem "Eigenen" führt nur zu Unstimmigkeiten, Mißtrauen und Konflikten. Vielmehr sollte man dem Fremden und Andersartigen(Kultur, Geschmack, Etc.) mit Respekt und Toleranz entgegentreten. Wenn wir uns bemühen dem anderen, egal was das auch sein mag, Verständnis entgegenzubringen, dann wird dies nicht nur gegenseitige Bereicherung sondern auch persönliche Weiterentwicklung und Friedfertigkeit mit sich bringen.

Wer kann meditieren?

Heutzutage gibt es eine Fülle von Büchern, die sich mit Meditation beschäftigen. Die meisten sind sprachlich aber schwer verständlich(alleine schon die Terminologie), die Methoden kompliziert und aufwendig, die Erklärungen nicht ausreichend. Der Leser bleibt entweder weiter unwissend oder, was schlimmer ist, die Bücher stiften nur Unheil und Verwirrung. Ich spreche von meiner persönlichen Lektüreerfahrungen. Mein Wunsch ist es, durch meine Ausführungen auch ein bißchen Licht ins Dickicht zu bringen, so gut wie möglich in verständlicher Form zur Aufklärung beizutragen. Deshalb vorweg:
Meditieren können alle, unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität oder Bildung.

  1. Tcham Seon ist nicht das Privileg einer auserlesenen Spezies Mensch(Mönch, Asiaten, Wissenschaftler), wie viele meinen. Alle, egal ob jung oder alt, Arbeiter, Angestellter oder Künstler können dies erlernen und praktizieren.
  2. Tcham Seon sollte allen Altersgruppen zugänglich, d.h. verständlich sein. Auch sollten die Gruppen nicht nach Altersstufen getrennt werden. Verständlich ist die Materie dann erst, wenn ihr alle gemeinsam folgen können.
  3. Tscham Seon setzt nicht ein spezielles Wissen oder eine spezielle Logik voraus. Gefühl, normales Verständnisvermögen und Offenheit reichen aus, um das zu lernen, zu verstehen und zu erfassen, was uns in und durch die Natur umgibt.
Die Natur soll unser Lehrer sein. Sie umgibt uns überall, täglich und in den verschiedenartigsten Formen. Sie hat ihre Gesetzmäßigkeiten; diese sollen erkannt und bewußt wahrgenommen werden. Diese Erfahrungen mit und durch die Natur helfen, bzw. können eine enorme Hilfe sein all denjenigen, die auf dem Weg sind, zu sich selbst zu finden. Indem sie die Natur erfahren und erkennen lernen, lernen sie auch sich selbst als Teil des Ganzen darin zu erkennen. Dieses schrittweise Selbsterkennen zieht eine Sebstfindung nach sich, die oft und gerne mit dem Ausdruck "Zustand der Erleuchtung" umschrieben wird. Ein Zustand der körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit oder Harmonie. Das ist auch das Ziel der Tscham Seon- Meditation.

Was ist Meditation?

Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Meditation kann man mit Waschen, Säubern, sich geistig und seelisch körperlich Saubermachen umschreiben. Dieser Reinigungsprozess, der den Schmutz, der uns in unserer ganzheitlichen Entwicklung behindert, entfernt, ist das Fundament, mit dem wir unseren Weg der Erleuchtung begründen. Es gibt vielfältige Meditationsformen und -arten, passend zur jeweiligen Kultur, je nachdem in welchen Zivilisationskreis sie sich entwickeln und durch welche Religion sie beeinflußt werden. Meditation beinhaltet einen gesundheitlichen und einen religiösen Aspekt, die ich im folgenden separat betrachten möchte.

A) gesundheitlicher Aspekt

Krankheit ist ein Zustand des Menschen, der darauf hinweist, daß der Mensch in seinem gesamten Bewustseinszustand nicht mehr in Ordnung, das heißt, nicht mehr harmonisch, nicht mehr ausbalanciert ist. Mit anderen Worten, er lebt nicht mehr in Harmonie mit den Naturgesetzen. Dieser Verlust des inneren Gleichgewichtes manifestiert sich im Körper als Symptom. Das Symptom signalisiert uns, daß wir als Mensch -als Einheit von Körper, Geist und Seele- krank sind. Dieses Krankheitssymptom, das wir erfahren, informiert uns, daß uns etwas fehlt und daß etwas mit uns nicht stimmt. Letztlich führt uns jede Krankheit auf unseren Bewustseinszustand zurück. Das Krankheitssignal ist eine Art Lehrer, der uns rechtzeitig hilft, -sofern wir es überhaupt hören und zulassen wollen- uns um unsere eigene Bewußtwerdung und Entwicklung zu sorgen. Das kann mit sehr viel Härte und Strenge einhergehen, wenn wir diese naturbedingten Zeichen mißachten, d.h. die Krankheit mißachtet wird(z.B. rein symptomatische ärztliche Behandlung oder auch Ignorieren des Symptoms, da es nicht unbedingt hinderlich im Tagesablauf ist).

B) religiöser Aspekt

Aus religiöser Sicht geht man davon aus, daß der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist. (Heute haben viele Schwierigkeiten mit dem uralten Wort Gott. Es gibt viele Ausdrücke für diese Urquelle allen Lebens, moderner Höheres Wesen, Höhere Macht, etc.. Ich möchte im folgenden auch weiterhin diesen Ausdruck verwende.) Damit meine ich, daß in uns allen das göttlich-schöpferische Prinzip innewohnt. Nicht außerhalb von uns, sondern in uns selbst ist alles, was wir für eine gesunde, ganzheitliche Lebensführung brauchen, die uns Gott näherbringt.
Das biblische Bild des ersten Sündenfalls verdeutlicht, daß wir als menschliche Wesen unsere Harmonie, unseren paradiesischen Zustand verloren haben. Wir sind "defizitäre Wesen", die nun ihre göttlichen Fähigkeiten, die in uns sind, wiederfinden müssen. Alles, was wir für diese Suche unserer Ganzheit brauchen, ist in uns selbst, da wir nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind. Diese Suche kann man mit verschiedenen Begriffen umschreiben, einer davon wäre "Gott zu finden", ein anderer den "Weg der Erleuchtung"  zu gehen, um eins zu werden mit dem Kosmos. Vielen bekannt ist die Gleichsetzung "Mikrokosmos gleich Makrokosmos". Und so ist auch allen Religionen gemeinsam, daß sie in ähnlicher Art und Weise den Menschen wieder zu Gott zurückführen wollen.
Zum besseren Verständnis ein Beispiel: eine Jahrtausende alte Vase auf dem Meeresgrund hat ihre Form aufgrund von Ablagerungen verloren. Das Original ist nicht mehr erkennbar. Ein Archäologe  kann mit feinem Werkzeug und sehr viel Arbeit das Ursprüngliche wieder zum Vorschein bringen. Dadurch ist ein Schatz von großem Wert entstanden. Noch etwas kann aus diesem Beispiel gelernt werden. Am besten wirkt das Putzmittel, wenn es unverzüglich nach dem Beschmutzen eingesetzt wird. Der Arbeitsaufwand im obigen Beispiel ist wirklich enorm aufgrund der langen Zeit, die die Vase auf dem Meeresgrund lag.